Jubiläumsreise

Jubiläumsreise

Nach zwanzig Jahren intensiven Pläne plotten, Tachymeter aufstellen und Nägel schlagen soll die Arbeit einmal ruhen, um zusammen etwas Besonderes zu erleben. Drei lustige, spannende und aktionsreiche Tage begannen vor der Haustüre, bevor wir uns just ennet des Röstigrabens eine Senke hinunterlaufen sahen, Minuten später mit Paddel und Schwimmwesten bestückt zum Gruppenfoto unser Lachen aufsetzten ehe schon wagemutig und enthusiastisch Boote eingewassert wurden. Die beinahe Simultanübersetzung zu den Manövriermitteln schienen umgesetzt zu werden, wenngleich der eine oder andere Zickzackkurs die Wasseroberfläche prägte. Zu animalischen Felsformationen, der Höhlenbucht und dem pittoresken Eiland fanden gewiss alle Kanus. Je nach Prioritäten wurden die Butterbrote aus der Lunchbox hervorgekramt oder die Badehosen übergestreift und erstaunt die Kraulausdauer einiger Arbeitskollegen bewundert. Die Burgruine bot kulturaffinen Kollegen weitere Impressionen dar, bevor wir nochmals in den Greyerzersee stachen, tapfer gegen den Wind paddelten und wohlbehalten das Ufer erreichten.
Busse und S-Bahnen beförderten uns durch den schnell wachsenden Kanton Fribourg, auch durch ein heftiges Gewitter, bis wir am Genfersee Fahrt Richtung Wallis aufnahmen. Nach dem Bezug der Zimmer fanden wir uns auf einer urbanen Dachterrasse zum deliziösen Dinner ein. Nachtschwärmer erkundeten noch einige Bars in der Alpenstadt.
Nicht der Erscheinungszeitpunkt am Frühstücksbuffet, sondern die grösse der Augenpaare verrieten am Morgen die Schlafstunden. Zu den Burgerkundungen waren alle fit und munter. Es wurde über alte Gewölbe und die Aussicht auf die Talschaft sinniert, bevor wir von Hobbymetrologen unter uns vor dem heranbrausenden Niederschlag gewarnt wurden, gerade noch rechtzeitig um in den Gassen der vielle ville Witterungsschutz zu finden und uns durch die Düfte des Wochenmarktes gleiten zu lassen. Zur Mittagszeit ist auf die kulinarische Hilfe in einer Osteria häufig verlass – auch im Wallis.

Im wilden Nachmittagsgetümmel am Bahnhof wartete ein schneeweisser Bus auf uns. Wir alle fühlten uns erhaben wie es Spitzensportler sein müssen, denn jedem stand eine Sitzreihe aus perfekt anschmiegenden Ledersesseln zur Verfügung. Die rustikalen Walserhäuser zogen vorbei, bis die Strasse eng und steil wurde, so dass auch einmal Sitzplätze zugunsten der Bergseite gewechselt wurden. Entdecker fanden noch bizarre Erdformationen aus der Würm-Kaltzeit am Gegenhang. Nachdem der Bus die letzten Serpentinen hinter sich brachte hielt dieser vor einer Betonmauer ungeahnten Ausmasses. Das Hotelhochhaus davor wurde beinahe verschluckt, welches uns verlässlich Schutz vor der nächtlichen Kälte, ein weiches Bett und Fleischspeisen im Überfluss bot.
Fakten der Grande Dixence bei der nachmittäglichen Führung brachten uns zum Staunen. Seilbahnen wurden vom Rohnetal eigens für deren Bau angelegt. Mehrere hundert Kilometer Leitungen sammeln das Gletscherwasser bis vom Mattertal und katapultieren es auf über 1850 Meter potentieller Energie auf die Turbine in der Talschaft, wo es eine galaktische Geschwindigkeit von 700 km/h annimmt. Auf Stromspitzen kann minutengenau reagiert werden.
Auch am nächsten Morgen beschäftigte uns die imposante Mauer. Viele Unerschrockene liessen sich an einem Seil hängend über 200 Meter über dem Talgrund auf die andere Seite fahren. Das Spektakel wohnten alle mit Interesse bei, teilweise wurden Jauchze voller Glücksgefühle in die Alpenluft posaunt, viele genossen (?) es jedoch still. Einige Erinnerungsstücke wurden mit den Smartphones auf die Festplatten gespeichert, Bergspitzen und Gletscher erraten, bevor uns der Bus in einem ersten Teilstück aus der Alpenidylle wieder ins Alpenvorland verfrachtete.
Ob es das aufgebrauchte Adrenalin war, die teilweise mühevoll artikulierten frankophonen Wortgebilde oder doch die lange Heimreise, dass Augenliederpaare zuklappten und hin und wieder ein Kopf nach vorne schnellte, ist schwer zu ergründen. Beeindruckt hat uns die Reise allemal. Vielen Dank für die tollen Tage!